Nachdem ich dann doch erst am 24.Dezember entlassen wurde, unter ganz strengen Auflagen wie, immer schön liegen, nur aufstehen um auf die Toilette zu gehen (im Übrigen eine enorme Erleichterung, denn wer geht schon gerne auf die Bettpfanne) und ansonsten außer Schonen, nur Schonen. Und nach Sylvester muss ich unbedingt zur Kontrolle. Da war ich dann auch wöchentlich, das Personal hat mich schon beim reinkommen namentlich begrüßt. Ende Jänner habe ich über Schmerzen geklagt, der Arzt in der Ambulanz hat von einer weiteren Röntgenaufnahme Abstand genommen, um meinen jungen Körper nicht mehr als notwendig zu belasten und mich gebeten mich an die verordnete Bettruhe zu halten. Das habe ich auch nur zu gerne getan, denn in mir hat es gestochen, dass es kaum zum Aushalten war. Mein Vater hat mich nur ein paar Tage darauf wieder in die Ambulanz gebracht, und auf ein Röntgen bestanden, denn so down kannten sie mich nicht. Als die Aufnahme vorlag war der Teufel los, der Primar ist gerufen worden und überhaupt alle Ärzte die an meiner ersten siebenstündigen OP mitgewirkt hatten. Einer der drei Drähte die um den Kugelkopf und Oberschenkelhals zur Fixation gewickelt waren, hatte sich gelöst und ist im Körper gewandert. Entdeckt hatte man ihn einen Zentimeter vor der Blase. Hätte er dieses Ziel erreicht, so hat man mir erklärt, wäre ich innerlich vergiftet worden mit meinem eigenen Urin. So wurde eine Not-OP anberaumt, man war froh, dass ich noch nicht viel gegessen hatte, nur eine Schüssel Cornflakes zum Frühstück. Somit wurde noch zwei drei Stunden gewartet und dann ging`s auch schon los. Gips runter und rauf auf den OP-Tisch.
Die Situation kurz vor einer OP hat so seine ganz eigene Charakteristik, die Umgebung riecht anders, alle Menschen sind grün gewandet und jeder trägt einen Mundschutz, nur der Patient nicht, der liegt mit seinem weißen Hemdchen, hinten offen, auf der harten Barre, zugedeckt mit einem grünen Leintuch, bibbert vor Angst und Kälte und harrt der Dinge die da kommen. Es gibt sogar eigenes Personal für das Umbetten, also von der Barre auf den OP-Tisch und dann wieder runter, wird man von einem eigens dafür angestellten Mann gehoben. Man kennt sich mit der Zeit auch schon, und hört solche Sachen wie „na, auch schon wieder da?“
Auf jeden Fall wurde in der zweiten Operation statt der Drähte, drei Schrauben eingesetzt. Spezialmaterial aus Amerika, ganz neu hier in Österreich und es ist auch der erste Versuch in diesem Krankenhaus damit, aber man sei sehr zuversichtlich, dass dies nun halten wird.
Aufgewacht bin ich wieder bis unter die Brust eingegipst und mit einer enormen Übelkeit in mir. Das hat sich durch alle Operationen durchgezogen, egal ob ich davor gegessen hatte oder am Vorabend schon das Abendessen verweigerte, gekotzt habe ich immer, und zwar im Übermaß. Gar keine so einfache Übung wenn man wie ein Maikäfer am Rücken liegt, in dem Gipsanzug und sich nur mit Schwung wenn überhaupt drehen kann. Matt von der Narkose und noch gar nicht richtig bei sich. Hart ist es danach, wenn man auf Grund der enormen Übelkeit nicht mal einen Schluck Wasser bekommt, nur diese Zitronenstäbchen um die Schleimhäute zu befeuchten. Der Aufenthalt nach dieser OP war schon deutlich kürzer, ein bisschen länger als drei Wochen, mehr nicht. Nur so lange bis man die Nähte entfernen konnte und einen erneuten Gipswechsel machen konnte. Leider ist es ja meist so, dass der Gips, der bei der OP angepasst wird, nicht sauber bleibt, die Wunde nässt, und die Drainageschläuche können auch nicht entfernt werden, ohne Spuren zu hinterlassen. Das war für mich immer das Schlimmste, circa drei Tage nach der OP werden die Schläuche die das Blut vom Knochen bzw. dem Wundinneren ableiten sollen gezogen. Da diese unter Vakuum stehen, fühlt es sich an als ob sich Inneres nach Außen kehrt. Sehr unangenehm auf jeden Fall, dagegen ist Nähte ziehen oder Klammern entfernen ein Spaziergang. Immer am dritten, vierten Tag nach einer Operation habe ich vor Angst geschwitzt und den nahenden Schritten der Visite mit Bangen gelauscht. Der Moment wenn die Tür aufgeht und du weißt, jetzt gleich ist es so weit, jetzt kommen die Schläuche raus und das tut richtig weh. Diese Momente habe ich oft gefürchtet, aber ja, auch das geht vorüber, und danach geht es meist bergauf.
So bekommt man vor dem nach Hause gehen einen neuen sauberen Gips und darf diesen dann für zwei, drei, vier Monate behalten.
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