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BLOG 13 – wenn es an der Zeit ist…

Winter 2016, die Schmerzen werden täglich mehr. Zuerst dachte ich, es sind die eiskalten Temperaturen, die mir zusetzen. Zwei Mal pro Tag mindestens 45 Minuten bei bis zu minus 15 Grad mit dem Hund Gassi gehen, das geht durch und durch. Später schob ich es auf die viel zu intensive Arbeitszeit, täglich mehr als 14 Stunden sitzend vor dem PC und das über Monate hinweg, das kann nicht gesund sein. Was also tun? Ganz klar, meine Übungen aus der Reha wiederaufnehmen, wenn möglich täglich und hoffen, dass es nur eine muskuläre Schwäche ist. Die Wochen vergehen, aber mein Zustand verbessert sich nicht, ganz im Gegenteil, jetzt meldet sich auch schon die gesunde Hüfte, na herrlich. Jeder Spaziergang wird zur Folter, ich brauche doppelt so lange wie normal für die selbe Runde, muss x-fach stehen bleiben, Zähne zusammenbeißen und weiter. Alfred, mein Masseur, der schon seit 10 Jahren an meiner Seite ist setzt mir zu, ich soll endlich ein Kontrollröntgen machen. Unbewusst wehrt sich alles in mir aber naja, es kann ja nicht schaden. Der Befund liest sich wie immer ernüchternd, jedoch wird jetzt tatsächlich schon darauf hingewiesen, dass meine rechte Hüfte mittlerweile ebenfalls schon sichtbare Abnutzung zeigt. Blanke Panik steigt auf, dass darf nicht sein, mein Standbein, mein Fels in der Brandung, mein Rettungsanker! Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, auf dieser Seite etwas machen zu lassen, dann schon lieber das linke Bein.

Woche um Woche vergeht, natürlich ohne Besserung. In mir herrscht Ratlosigkeit und beginnende Verzweiflung, wohin soll ich mich wenden? Mein langjähriger Arzt, mein Vertrauenspartner in Sachen Hüfte, Prim. Grill ist mittlerweile in Pension und hat mir schon vor zwei Jahren angekündigt, ich muss mir für die nächste OP – die garantiert eine Totalendoprothese ist, einen anderen Orthopäden suchen. Er hat mir auch jemanden empfohlen, allerdings habe ich meine Notiz dazu so gut weggeräumt, dass ich sie nicht mehr finde. Im Gespräch mit meiner Schwägerin, die auch schon beide Hüften ersetzt bekommen hat, gehen wir das Thema wieder und wieder durch. Wie läuft das ab, wie lange dauert die Reha-Phase, wie schlimm sind die Schmerzen und ja, selbstverständlich auch, wer macht das – und wenn möglich auch gut?! Letztendlich nennt Sie mir Ihre Vertrauensperson, es ist der Leiter der Orthopädie auf der Baumgartner Höhe. Ich rufe in der Privatordination an und wie es eben sein soll – die Ordination ist geschlossen, zwei Wochen Urlaub. Auf die kommt es jetzt auch nicht mehr an, warte ich eben. Sofort am ersten Tag nach dem Urlaub melde ich mich nochmals und die freundliche Dame am Telefon gibt mir einen Termin für in sechs Wochen. Bitte, ich habe starke Schmerzen, auf die OP muss ich dann ja auch noch warten, geht es nicht früher? Notfallliste? Auf eine solche Liste komme ich dann tatsächlich, aber – jeder der hier anruft hat Schmerzen. Erstmals in meinem Leben fühle ich mich, was die orthopädisch-ärztliche Betreuung anbelangt wie eine Nummer. Eine x-beliebige Nummer, ein Niemand. Das kenne ich aus der Vergangenheit so überhaupt nicht. In Mödling war ich bei Prim. Püringer als sein Sorgenkind immer mit Sonderbehandlung gesegnet, in Speising bei Prim. Grill war ich zwar eine von Vielen, aber er hat sich immer sehr um mich bemüht und länger als zwei Wochen musste ich nie auf einen Termin warten, schon gar nicht, wenn ich Schmerzen hatte.

Wenn ich das Gefühl in meiner linken Hüfte beschreiben möchte, dann kommt mir immer „der schreckliche Sven“ von Wickie und die starken Männer in den Sinn, der hatte immer eine Eisenkugel mit Stacheln in der Hand. Genau so fühlt es sich für mich an, es sticht in alle Richtungen, mal mehr mal weniger, manchmal bis ins Hirn. Besonders schlimm ist es, wenn der Schmerz beim Hinsetzten wie ein Blitz einfährt, von der Hüfte über den Rücken und bei der Schulter wieder raus, in der Sekunde schießen mir Tränen in die Augen und ich muss mehrfach tief durchatmen, wie bei Geburtswehen. Ganz toll, wenn das im Büro eines Kunden passiert, jetzt ist es wirklich allerhöchste Zeit etwas zu tun, so kann es nicht mehr lange weitergehen.

Durch Zufall stoße ich bei meinen Recherchen im Internet auf die Ordination von Dr. Richard Maier in Baden – verbunden mit dem Begriff „Gelenkszentrum“. Das klingt toll, ein Spezialist für Gelenke und noch dazu ganz in meiner Nähe. Spontan rufe ich an und zu meiner gänzlichen Überraschung ist der Arzt persönlich am Telefon. Ich bitte um einen Termin und seine Frage darauf lautet – warum glauben Sie, dass ich Ihnen helfen kann?!? – Richtig gut! – Ich erzähle im Zeitraffer wer mich bislang betreut hat und was schon alles gemacht wurde. Ich nenne Prim. Grill und Speising und die Antwort lässt mich aufhorchen – Prim. Grill? Speising? Dann muss es dringend sein, wir sehen uns in zwei Tagen. Voller Hoffnung mache ich mich auf den Weg und freue mich wahnsinnig darüber, so einen netten, sympathischen Arzt gefunden zu haben. Nach kurzer Anamnese und optischer Prüfung meines in der Bewegung stark eingeschränkten Beines, studiert er konzentriert mein aktuelles Röntgenbild. Sein Resümee ist eindeutig, ganz klar, Sie brauchen eine neue Hüfte, besser gestern als heute. Und ja zweifellos, das alles sieht nach starken Schmerzen aus. Dann folgt der unerwartete und völlig überraschende Tiefschlag – Ich sag es ganz offen und ehrlich, ich werde das nicht machen! Augenblicklich treten mir Tränen in die Augen, ich bin völlig verzweifelt, warum bitte nicht? Er ist doch Spezialist für Gelenke?!? – Ja es stimmt auch, der Arzt ist spezialisiert auf Gelenkersatz, allerdings für „Standardpatienten“ – und ich bin weit außerhalb vom Standard. Durch die vielen Operationen am Oberschenkel, ist nichts mehr so wie es sein soll. Alle Muskeln verhärtet, tiefe Wucherungen nach innen und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit verlaufen auch Nerven und Sehnen ganz anders, als man erwarten würde. Für diese OP braucht es einen sehr erfahrenen Operateur, der auch erweiterte und alternative Operationstechniken kennt, denn mit der Standardvariante seitlich über den Oberschenkel ist dieser Herausforderung nicht beizukommen. Ich sitze wie versteinert da und starre ihn an, Ratlosigkeit beschreibt meine Gefühle nur sehr unzureichend. Der Arzt durchforstet seinen Laptop und kritzelt einen Namen und eine Telefonnummer auf einen Zettel – Oberarzt Dr. Christoph Müller, dorthin soll ich mich wenden, das ist der richtige Mann streut er seinem Kollegen Rosen. Dr. Müller operiert in Speising, ist auf Hüftprothesen spezialisiert und kann verschiedenste Techniken. Wir besprechen noch, was ich derzeit tun kann, um mit den Schmerzen klar zu kommen, vorrangig die Einnahme von Tabletten. Eine dringliche Empfehlung von Prim. Grill, schon mehr als 25 Jahre her, geistert ständig durch meinen Kopf. Achte darauf nie schwerer als 60 Kilo zu werden, dann wirst du lange mit deiner Hüfte klarkommen. Ich kenne mein aktuelles Gewicht nicht genau, unsere Waage ist mein erklärter Feind! Ich bin mir aber sicher, das eine oder andere Kilo mehr zu wiegen, deshalb hinterfrage ich auch dieses Thema nochmals, wenn ich schon mal da bin. Die sehr diplomatische Antwort darauf lautet „verstehen Sie mich bitte nicht falsch, sie sehen sehr gut aus aber ja, jeder Kilo weniger bedeutet auch weniger Belastung für Ihre Knochen, darüber hinaus könnte eine Gewichtsreduktion sehr hilfreich sein, um die maximal mögliche Beinverlängerung zu erreichen. Wobei, sie haben 4,3cm Beinlängendifferenz, medizinisch machbar sind im besten Fall nur 2 bis maximal 3 Zentimeter.

Wie betäubt verlasse ich die Ordination, einerseits bitter enttäuscht, andererseits mit großem Respekt – es ist schon wirklich sehr beeindruckend sich einzugestehen, dass man sich dieser Herausforderung nicht gewachsen fühlt! Gleich auf dem Parkplatz, noch bevor ich auf die Vespa steige, rufe ich die erhaltene Nummer an und spreche aufs Band. Einen Tag später bekomme ich einen Rückruf und einen Termin für in einer Woche. Noch am selben Tag stoße ich auf eine Ernährungsumstellung, die von einem lieben Freund auf Facebook propagiert wird – Cell Reset! Ich studiere alles, was ich darüber finden kann und nachdem ich in den letzten Jahren schon alles Mögliche versucht habe, um ein paar Kilos loszuwerden und nichts davon wirklich funktioniert hat, bin ich dankbar für eine Alternative, die ich noch nicht kenne. Gesagt getan, spontan bestelle ich mir alles, was man für die ersten drei Monate an Vitaminen, Mineralstoffen, etc. braucht und lege los. Keine Kohlenhydrate, kein Salz, kein Zucker – sieben Tage lang auch kein Salat oder Gemüse. Ohne Salz zu essen ist einfach unfassbar schwierig und die zweifellos größte Herausforderung für mich.

Der Termin bei OA Dr. Müller ist richtig gut, ehrlich, direkt und auf dem Punkt. Auch er ist der Überzeugung, dass ich rasch eine neue Hüfte benötige und das mein Bein eine außergewöhnliche Herausforderung darstellt. Unglaublich kompetent und beruhigend für mich ist allerdings seine Conclusio, „schwierig, aber ich habe schon Schlimmeres auf dem Tisch gehabt!“ So komisch das klingen mag, aber das war wie eine Erlösung. Innerhalb von ein paar Minuten sind wir uns einig, er wird sich meiner Problematik annehmen – herrlich! Was noch fantastischer ist, ich muss mich um nichts weiter kümmern, es wird mit dem Spital alles organisiert und ich bekomme dann eine Einladung für die OP. Die kommt auch tatsächlich innerhalb einer Woche, alle Fragebögen und Unterlagen die mitzubringen sind, Termin für die OP in 10 Wochen, OP-Vorbereitungsgespräch in 8 Wochen, top organisiert! Wir besprechen die Operation im Groben durch – für mich viel zu detailliert, ich kann kein Blut sehen und mag mir auch nicht vorstellen, wie in mir drinnen gestemmt, gemeißelt, gefräst und gebohrt wird. Zu guter Letzt noch die Erläuterung zur Wahl der Narkose. Bei mir muss es zwingend eine Vollnarkose sein, damit alle Muskeln zu Gänze entspannt sind. Schließlich kommt auch an dieser Stelle wieder die Erläuterung, zwei Zentimeter Beinverlängerung klappen sicher, wenn alles gut geht und ja, auch mein Beitrag bezüglich Gewichtsreduktion kann hilfreich sein, dann maximal drei. Gibt es Unverträglichkeiten? Ja, die Vollnarkose – er notiert sich Einiges und sieht dann mit einem wirklich fetten Grinsen auf – naja, dann speiben´s halt! So eigenartig das klingt, in diesem Moment ist er mir sowas von sympathisch! Ich muss heute noch schmunzeln, wenn ich daran denke. 😊

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